Kundenorientierung ist der eigentliche Kern der Digitalisierung. Was bedeutet das für die Anbieter gegenüber ihren Kunden? Reicht es, zuzuhören und das Gehörte umzusetzen oder steckt mehr dahinter? Meine Erfahrung sagt mir inzwischen: Höre nicht auf deine Kunden.

Wir erleben eine Ära, in der die Komplexität wieder Einzug in die Wirtschaft hält. Wer sich am Markt behaupten will, muss sich an den Wünschen seiner Kunden orientieren. Aber bitte, glauben Sie nicht alles, was Sie von Ihren Kunden zu hören bekommen. Vor allem, wenn Ihr Angebot komplexerer Natur ist, wird das zu einem Problem. Für beide Seiten.

Welchen Sinn macht es, zum einen von Kundenorientierung zu sprechen und doch nicht auf ihn zu hören? Unterscheiden Sie zwischen Hören und Zuhören. Denn in den meisten Fällen, und gerade bei komplexeren Dienstleistungen und Produkten, geht es darum herauszufinden, was Ihr Kunde erreichen möchte.

Betrachte ich unsere Branche, so erhalten wir immer wieder konkrete Anforderungen und Wünsche, die der Kunde realisiert haben möchte. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder wird die Anforderung genauso umgesetzt oder man stellt dem Kunden die Frage, welches Ziel er mit seiner Anforderung erreichen möchte. Und spätesten dann stellen wir bei einem großen Teil der Anfragen fest, dass die Lösung anders aussehen sollte, wenn nicht sogar muss, als es sich der Kunde vorstellt.

Gerade bei komplexen Dienstleistungen und Produkten ist das häufig der Fall. Das ist keine böse Absicht des Kunden, sondern in der Regel resultiert es daraus, dass dieser sich bereits Gedanken darum gemacht hat, wie ein Problem zu lösen ist. Als Anbieter haben Sie jedoch einen viel tieferen Einblick in eine Gesamtlösung. Wer nur auf seinen Kunden hört und nicht hinterfragt, schafft alles Mögliche, nur keine smarten und zukunftsfähigen Lösungen.

Kundenorientierung heißt, den Kunden verstehen

Das gilt über alle Ebenen. Jeder, der in der Entwicklung einer Lösung involviert ist, muss sich Gedanken über Sinn und Unsinn seiner Aufgaben machen und diese hinterfragen. Spätestens wenn irgendwas an der Aufgabe merkwürdig erscheint, muss ein Feedback erfolgen. Kommunikation und Reflexion wird ein wesentlicher Bestandteil für zukünftige Entwicklungen sein.

Wenn Aufgaben durch hierarchische Strukturen verteilt und dabei aufgesplittet werden, wird das Know-how über die Lösung ebenfalls gesplittet. Jeder an der Entwicklung Beteiligte hat eine andere Sicht. Da sind die Generalisten, die das große Ganze verstehen und die Spezialisten für die Detailaufgaben. Jeder von ihnen muss sich für das Ergebnis verantwortlich fühlen.

War das nicht schon immer so?

Genau genommen ja. Kontinuierliche Verbesserungsprozesse oder Kaizen für interne Abläufe gibt es nicht erst seit heute. Es gab Planungs- und Testzeiten, wodurch grobe Fehler schon vorzeitig aufgedeckt werden konnten. Jedoch werden wir immer stärker zu einer Individualisierung unserer Produkte gelangen. Neue Anforderungen sind bislang häufig gesammelt und später in die Gesamtlösung integriert worden, wenn es sinnvoll erschien. Viele Planungs- und Prüfungsschritte fallen in Zukunft jedoch weg, wenn ein höherer Individualisierungsgrad in kürzeren Zeitfenstern erreicht werden soll. Anforderungen durchlaufen keine Instanzen mehr, sondern werden kurzfristig und direkt umgesetzt. Dadurch steigt die Verantwortung, die die Beteiligten am Entwicklungsprozess übernehmen müssen. Sinnvolle Entscheidungen können jedoch nur mit einer ausreichenden Wissensbasis über das Ganze getroffen werden. Das heißt, dass Generalisten und Spezialisten möglichst in einem Team mit kurzen Kommunikationswegen agieren müssen. In dem Moment, wo über das Ziel der Anforderung auch nur eine einzige Spekulation getroffen werden kann, haben sie eine mindestens 50 prozentige Wahrscheinlichkeit, einem Fehler zu begehen.

Mitarbeiter ermächtigen, selber Lösungen zu entwickeln

Wer Unstimmigkeiten feststellt, muss sich trauen seine Bedenken zu äußern und möglichst einen besseren Lösungsansatz anbieten. Auch auf die Gefahr hin, dass seine Idee nicht die benötigte Lösung darstellt. Niemand darf mundtot gemacht werden, so dass er zukünftig lieber in eine passive Rolle verfällt. Auffälligkeiten und Lösungen müssen auf kurzem Weg und auf Augenhöhe diskutiert werden können. Bis hin zum Kunden.

Fazit

Kundenorientierung zu leben bedeutet, dass alle Beteiligten die Anforderungen nicht nur aufnehmen, sondern kritisch zuhören, hinterfragen und verstehen, was das eigentliche Ziel ist. Abnicken ohne Reflektion schafft nur eines: Shit in, shit out.

Fotonachweis

kinkate / www.pexels.com (CC0 Lizenz)

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